Die Einführung einer 4-Tage-Woche und erreichen einer ausbalancierten Work-Life-Balance sind Themen von zunehmender Bedeutung. Die Frage der Stunde lautet „Wie können wir ein noch attraktiverer Arbeitgeber sein und unsere Mitarbeiter an uns binden?“ Pilotprojekte liefern bereits erste Ergebnisse und Erfahrungen, die bei der Umsetzung beachtet werden sollten.
Worauf kommt es bei einem Pilotprojekt an?
Zunächst sollte der Pilot das gesamte Unternehmen umfassen und nicht nur kleine Teilbereiche. Nur so kann man die Auswirkungen auf die verschiedenen Teams und Abteilungen ganzheitlich erfassen. Es ist außerdem entscheidend, die Mitarbeiter unbedingt in die Planung einzubeziehen. Zwei Kenngrößen sind dabei besonders wichtig: Produktivität sowie Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit. Daher ist es von großer Bedeutung, diese Größen zu messen, um den Effekt vor und nach der Umstellung zu erfassen. Eine Schlüsselfrage lautet: Wie können Vertretungs- und Erreichbarkeitsregeln sowie die Optimierung und Automatisierung der Prozesse umgesetzt werden?
Was macht eine Umstellung erfolgreich?
Unternehmen müssen dringend neue Spielregeln definieren. Zum Beispiel: Was machen wir mit regelmäßigen Meetings? Wie gehen wir mit Pausen, Überstunden und den Prozessabläufen um? Die Umstellung auf eine 4-Tage-Woche erfordert einen Paradigmenwechsel und die Erweiterung des Teilzeitkonzepts im Unternehmen. Der Begriff „Teilzeit“ hat oft einen negativen Touch und wird mit geringerem Engagement und fehlender Vollwertigkeit assoziiert. Es ist wichtig, diesen Wandel positiv zu kommunizieren und zu zeigen, dass eine 4-Tage-Woche nicht zwangsläufig zu geringerer Leistung führt, sondern im Gegenteil die Produktivität und das Wohlbefinden steigern kann.
Welche Ergebnisse liefern bisherige Studien zur 4-Tage-Woche?
Die Ergebnisse erster internationaler Studien zeigen ein eindeutiges Bild: Es gab keine Beeinträchtigung der Unternehmensleistung, sondern oft sogar eine Steigerung der Produktivität sowie der Work-Life-Balance und des Wohlbefindens.
Weitere Vorteile der 4-Tage-Woche liegen in niedrigeren krankheitsbedingten Ausfällen, weniger Arzt- und Behördenterminen sowie der Erkenntnis, dass längere Pausen die Arbeitsleistung massiv steigern können. Zudem können Strom- und Heizkosten eingespart werden. Natürlich sind diese Ideen nicht in allen Branchen umsetzbar. Im sozialen Bereich oder im Gesundheitswesen beispielsweise ist eine 7-tägige Verfügbarkeit von Mitarbeiter:innen nur durch zusätzliches Personal zu gewährleisten.
Belgien hat direkt Nägel mit Köpfen gemacht und ein Gesetz eingeführt, das das Recht auf eine 4-Tage-Woche festschreibt. In Deutschland gibt es bisher nur wenige Pilotprojekte, wie zum Beispiel bei Gerry Weber. Das mag auch daran liegen, dass wir ein sehr starres Arbeitszeitgesetz haben, das möglichen Lösungen enge Grenzen setzt. Auch die Arbeitszeitverkürzung ohne Gehaltskürzung stößt auf große Bedenken. Dabei hat bereits die Abschaffung der 6-Tage-Woche im Jahr 1956 gezeigt, dass trotzdem das Bruttoinlandsprodukt gesteigert werden kann. Dieser Erfolg beruht aber größtenteils auf Effizienzsteigerungen durch technische Neuerungen.
Nun gibt es jedoch auch in Deutschland Ergebnisse einer Studie der Hans Böckler Stiftung: 81 % aller Vollzeit-Mitarbeiter wünschen sich eine 4-Tage-Woche. Allerdings möchten 73 % eine Arbeitszeitverkürzung bei gleichem Lohn, während nur 8 % einer Gehaltskürzung zustimmen.
Zu welchem Fazit kommen wir?
Innovative Arbeitgeber in Deutschland sollten diese Idee aufgreifen und den Mitarbeitern eine 4-Tage-Woche anbieten. Dabei sollte dies jedoch auf freiwilliger Basis und mit anteiligem Gehalt geschehen. Auf diese Weise haben neue Mitarbeiter die Wahl, und langjährige Mitarbeiter werden nicht benachteiligt. Laut Judith Müller, Recruitung und HR-Expertin bei ImCoNeo, sollte jedoch jedem Unternehmen klar sein “Es ist eine Gradwanderung, die Kundenanforderungen und Mitarbeiterwünsche in Einklang zu bringen. Dies gestaltet sich in Dienstleistungsunternehmen oft leichter als in Produktionsunternehmen”.
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